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Die Entstehung und Entwicklung von Breakbeat, Jungle, Drum'n'Bass


Breakbeat - Drum'n'Bass, 2 Step, Jungle, Broken Beats, UK Hardcore, Triphop, Big Beat, Jazzy Drum'n'Bass, Techstep, Dark Jungle, Downbeats, Funky Beats


Die Ursprünge von Drum & Bass, Two Step, Jungle & Co. sind in den frühen 1970ern bei Kool DJ Herc zu suchen, der einer der Ersten war, zwei Exemplare derselben Platte zu benutzen, um die in den Tracks enthaltenen Instrumentalpassagen ("breaks") mit Hilfe von Plattenspielern und Mischpult loopen zu können, hatte er doch bei seinen Gigs bemerkt, dass es eben genau diese Stellen sind, worauf die Leute am meisten abfahren.

Mit dieser damals neuartigen Technik legte er den Grundstein für Rap und Hip Hop, deren Tracks sich noch heute auf diesem Rhythmusgebilde aufbauen. Anfang der Neunziger, also einige Jahre später, begannen auch amerikanische Technoproduzenten wie Carl Craig mit Breakbeats zu experimentieren, um dem zur damaligen Zeit in der elektronischen Musik omnipräsenten geradlinigen 4/4-Takt zu entfliehen und so als Gegenpol zur Acid-House-Bewegung eine wärmere Richtung einzuschlagen.

In direkter Konkurrenz mit Rap und Hip Hop stehend konnte sich dieser neue Sound in den USA nicht durchsetzen, gelangte aber nach England und erfreute sich dort großer Beliebtheit. Das Angebot der neuen, beliebten Platten war rar, die Nachfrage jedoch groß, weshalb sich viele europäische DJs aufmachten, selbst das zu produzieren, was sie in ihren Sets legen wollten. So entstand eine Variante von Techno, die aufgrund der rohen Sounds "Hardcore" genannt wurde und die ihren Ursprung im Hip Hop hatte, was am deutlichsten durch die besondere Betonung der Breakbeats wurde.

Zu beachten ist hierbei, dass die Stilbezeichnung "Hardcore" sowohl britische Breakbeatmusik zwischen ca. 1990 und 93 als auch die Gabber-ähnliche Weiterentwicklung des harten Tekkno-Sounds meint, beide Bedeutungen jedoch musikalisch gesehen kaum etwas miteinander zu tun haben.

In England entstand eine Labellandschaft, die sich aufgrund mangelnder Importware nahezu ohne amerikanischen Einfluss entwickelte. Ebenso wie die Labels wuchs natürlich auch die Szene und war 1991/92 schließlich so groß, dass die Majors sie nicht mehr ignorierten, sondern stattdessen lieber für gewinnbringende Zwecke verwenden wollten.

Bandprojekte wie The Prodigy schafften mit "Charly" erstmals den Sprung in die Charts, was jedoch vom Mainstream wesentlich positiver als von den meisten Szeneanhängern aufgenommen wurde: diese behaupteten, dass dadurch dem so genannten "Kiddie Rave" die Türen geöffnet wurden. Die eigentliche Subkultur sah sich und ihre Ideale an die Plattenindustrie verraten.

In der darauf folgenden Zeit setzte sich, zur internen Abgrenzung vom kommerziellen Ausverkauf des Hardcore, in der Szene die Genrebezeichung "Jungle" für die Musik mit dem asynchronen Beat immer mehr durch, man versuchte, sich wieder von der Öffentlichkeit und den Charts in den Underground zurückzuziehen.

Über die Herkunft des Begriffes ist man sich uneinig: einerseits wird behauptet, dass einer der ersten Clubs in London, in dem man den Sound hören konnte, "Jungle" hieß, andererseits stammen die meisten Breakbeats von den Breaks auf James Brown Platten ab und daher könnte die Genrebezeichnung auch mit der James Brown Compilation "Into the Jungle Groove" zu tun haben.

Jungle lässt sich als beschleunigte Breakbeats mit einer langsameren Bassline beschreiben. Die Geschwindigkeit der Drums liegt zwischen 140-170 bpm, während die Bassline und der Gesang oft nur das halbe Tempo haben, wodurch bewusst eine gewisses Chaos geschaffen wird. Jungle besteht aus einem 4/4-Takt, wobei der eigentliche Breakbeat, also der Beat, der synkopiert bzw. unregelmäßig ist, auf der 3 zu finden ist. Die dazugehörige Bassline ist weich fließend oder energetisch pumpend und stammt von Dub/Reggae ab.

Der hauptsächliche Unterschied zu seinem Vorgänger Hardcore besteht darin, dass dieser sich noch mehr an der Regelmäßigkeit des 4/4-Taktes festhält, während Jungle den oben beschriebenen geloopten asynchronen Rhythmus besitzt. Jungle schlug diese Richtung später noch weiter ein, Hardcore jedoch richtete sich immer mehr auf progressiven Rhythmus aus.

Die Hochzeit des Jungle war 1994, die Hauptquelle der Szene für neue Jungle-Tracks waren illegale Radiosender, allen voran Kool FM. Zentrum der gesamten Bewegung war nach wie vor London.

Eine weitere britische Stadt, in der auch wichtige Entwicklungen im Breakbeat-Bereich von statten gingen, war Bristol, hatte man doch dort das Bedürfnis, etwas anderes als den immer schneller und abstrakter werdenden Jungle zu machen, sich wieder eher auf die Ursprünge zu besinnen und mehr an das Tempo und die Struktur von Kool DJ Herc zu halten. Triphop entstand, eine Mischung aus groove-lastigem Acid Jazz, von Frauen fast stimmlos gehauchten oder von Männern sanft gerappten Vocals, ambientalem Charakter, langsamem Tempo von weniger als 120 BpM und trippigen Sounds.

Triphop bietet das, was bei Techno durch das Subgenre Intelligent Techno verkörpert wird: während Jungle zum Feiern und Tanzen gedacht ist, lässt sich zu Triphop besser Chillen und Ausruhen. Bekannteste Interpreten von Triphop sind, zusammen auch "Bristol Sound Holy Trinity" genannt, Portishead, Tricky und Massive Attack, wobei Letztere oftmals als eigentliche Initiatoren des Sounds schon 1991 betrachtet werden.

Ende '94 begann Jungle in verschiedene Subgenres zu zerfallen, das wichtigste davon war Drum & Bass. Während Jungle viele Ragga Vocals und Samples aus dem Reggae-Bereich sowie einen MC, der live die feiernde Menge anheizt, enthielt und sich somit als Crossover zwischen Raggamuffin und Breakbeat bezeichnen ließe, fingen viele Drum & Bass-Produzenten an, die Ragga-Elemente durch jazzig-funkige zu ersetzen und die Geschwindigkeit etwas zu verringern.

Prinzipiell sind die Unterschiede zwischen den beiden Genres jedoch ziemlich gering, da Drum & Bass gewissermaßen die Fortsetzung von Jungle darstellt; besonders in England war es so, dass mehr oder weniger der eine Begriff den anderen verdrängte, während das Grundkonzept der Musik größtenteils erhalten blieb.

In Deutschland fungierten beide Bezeichnungen gleichermaßen als Überbegriff für die ständig sich neu entwickelnden Breakbeat-Variationen, während sich in den USA hauptsächlich "Jungle" durchgesetzt hat. Wichtigster Interpret von Drum & Bass ist vermutlich Goldie, der bereits 1993 mit "Terminator" einen für die Szene richtungsweisenden Track produzierte.

Weitere erwähnenswerte Formen der ständig neu entstehenden Breakbeat-Derivate ist einerseits Big Beat, welches sich hauptsächlich durch seine teilweise rockigen oder sogar punkigen Elemente auszeichnet, wodurch interessanterweise auch eine Zielgruppe angesprochen wird, die normalerweise für elektronische Musik nicht viel übrig hat und nun aber plötzlich trotzdem Hauptvertreter des Subgenres wie beispielsweise Chemical Brothers, Fatboy Slim oder The Prodigy gut findet.

Andererseits gibt es dann noch Two Step, was in Großbritannien wesentlich mehr gehyped wurde als in Deutschland und dort beispielsweise durch Artful Dodger die breite Masse erreichte. Two Step hat abgehacktere und weniger rollende Drums, die hauptsächlich aus gesampleten Beats des Drumcomputers Roland TR 909, der ja auch die Grundlage vieler House- und Techno-Tracks darstellte, bestanden und Kombinationen mit House ermöglichten, die sich dann Two Step Garage nannten.

Da Drum & Bass, genau wie Jungle und Breakbeat auch, immer schon besonders offen für Crossover-Produktionen mit anderen, auch Genre-fremden Stilrichtungen waren, sind hier besonders viele kleinere Subgenres zu finden, die meistens keine eigene Szene besitzen, sondern nur deshalb erfunden wurden, um dem neu entstandenen und erneut andersartigen Sound einen Namen zu geben. Exemplarisch seien hier Jazzy Drum & Bass, Techstep, Dark Jungle, Downbeats oder Funky Beats genannt.


Referenzen


Compilation:
LTJ Bukem feat. MC Conrad "Progressive Sessions" (Good Looking Records, GLRPS004X) 1999; Various Artists "Science Fiction Jazz Volume 4" (Mole Listening Pearls) 1999; Various Artists "Platinum Breakz 3" (FFRR/WEA;2001)

Alben:
Bassface Sascha "Different Faces" (Mole Listening Pearls, Mole CD 016-2; 1999); LTJ Bukem feat. MC Conrad "Progression Sessions" (Good Looking Records, 1999); Breakbeat Era "Ultra Obscene" (XL Recordings; 1999); LTJ Bukem "Journey Inwards" (Good Looking Records; 2000); The Underwolves "Under Your Sky" (Jazzanova Compost Records; 2001); Kosheen "Resist" (Moksha Recordings Limited/ BMGM;2001); Mario Cee "Earht With II Suns" (EFA;2001); Fauna Flash "Fusion" (Compost;2001)

Singles/ Maxis:
Bassface Sascha "Perfect Day" (Mole Listening Pearls, MOLE008-5) 1998; Fauna Flash "Fusion" (Compost Rec.;2001); Jonny L "The Bells" (Piranha Rec.;1999); Asian Dub Foundation "Real Great Britain" (FFRR;2001); Kosheen "Hide U" (Moksha/BMG;2001)

Kommerzielle Hits:
Acen "Trip To The Moon"
Urban Hype "Trip To Trampton"
Baby D "Let Me Be Your Fantasy", 1995, 2000
Baby D "I need your loving", 1995
Artful Dodger "Re-rewind", 2000
Artful Dodger & Romina Johnson "Movin´ too fast", 2000
Artful Dodger & Robbie Craig feat. Craig David "Woman trouble", 2000
Kosheen "Hide U", 2000


© 2002 T.Weidner (Autor); geschrieben für Techno Online und Ranx GmbH
08.09.2024, 06:10 h | 2 Junglists online